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Merkblatt für den Umgang mit Pferden in Ausnahmesituationen für
Rettungsdienste, Feuerwehren u.a. Einsatzkräfte
Copyright beim Verfasser: Univ.Lektor VetR. Mag. Dr. med. vet. Reinhard
Kaun Fachtierarzt für Pferde
Ausbildungszentrum für Notfall- und Katastrophenmanagement bei Pferden sowie
für Pferde- und Hundesanitäter
Fachtierärztliches Ambulatorium für Pferde PRO EQUO Postanschrift: A 4813
Altmünster, Kalvarienbergweg 40
Website www.pferd.co.at E-Mail:
tierarztdr.kaun@aon.at
Für den Einsatz nach Maßgabe des Notrufes und der Alarmierung
mental vorbereiten: Einzelreiter, Reitergruppe, Gespann, verunglücktes
Pferd auf Koppel, im Stall, in Jauchegrube, im Gelände. Verletzte
Personen, verletzte Pferde, KFZ - Beteiligung, Fliessverkehr > Gemeinde-,
Bundesstrasse oder Autobahn; Sichern der Unfallstelle, Publikum,
Sonderrettungsmittel, spezielles Zubehör ( Halfter, Stricke, Führleinen).
Mit-Alarmierung: Tierarzt, Pferdesanitäter, Pferdetransporter, TKV
Eigenkompetenz bei Bergung und Sicherung von Pferden überdenken
Pferde stellen nicht nur einen materiellen, sondern auch einen
ideellen Wert dar ( Klageprävention). Empathischer Umgang mit Pferden.
Jeder Umgang mit Pferden soll von Ruhe und Sicherheit geprägt
sein; Unnötiger Lärm und Geschrei soll vermieden werden.
Sonderzeichen ( Blaulicht, Folgetonhorn) bereits vor der
Einsatzstelle abschalten !!
Am Einsatzort vor der Bergung/ Versorgung von Pferden an
Fremdgefahren denken: Eisenbahn, Modellflieger, Drachenflieger usw.
Bei jedem Notfalleinsatz mit Pferden die toten Winkel im
Gesichtsfeld der Pferde berücksichtigen.
Annäherung an ein Pferd von hinten ist gefährlich: Pferd ansprechen
und von der Seite annähern.
Besondere Gefahr: Pferdegruppen ( Gesichtsfeld, soziale Rangordnung)
Vor dem Ausbringen aus brennenden Ställen müssen die Drehleuchten
abgestellt werden!!
Bevor Pferde aus der Gefahrenzone geführt werden, müssen sie mit
Halfter und Strick gesichert sein.
Alle Manipulationen ( Aufhalftern, Anlegen von Führstricken, Zudecken)
sollen an der linken Seite des Pferdes erfolgen, weil Pferde dies
so gewöhnt sind.
Pferde können nach vorne und nach hinten bis zu 2 m
ausschlagen.
Pferde sind Fluchttiere und neigen zu Panikreaktionen. Beim
gesicherten Wegführen aus der roten Zone soll man aber diesen
Vorwärtsdrang nützen.
Schauen Sie dem Pferd beim Führen nicht in die Augen und gehen
Sie auf der Höhe der linken Schulter des Pferdes entschlossen vorwärts.
Das Aufstreuen einer „Strohgasse“ erleichtert das Führen von
Pferden bei Nacht oder in ungewohnter Umgebung.
Im Falle eines Ausbringens von Pferden wegen Stallbrandes müssen diese
in sicherem Abstand gut verwahrt werden ( Reithalle, Koppel mit
Aufsicht, Anbinden), denn
ungesicherte Pferde laufen in den brennenden Stall zurück!!
Liegende Pferde müssen zu allererst durch Niederhalten und
Überstrecken des Kopfes gesichert werden, bevor die Bergung/ Versorgung
begonnen werden kann.
Liegende Pferde brauchen zum Aufstehen eine freie Bahn von 8 bis
10m
vor sich und diese soll seitlich ( Trassierband) begrenzt sein. Vor
dem Auftreiben muss das Pferd mit Halfter und Longe (Retter sollen
Handschuhe tragen !!) gesichert werden.
Für Springpferde ist der Mittelstreifen der Autobahn kein Hindernis.
Bei liegenden Pferden ist im Umkreis von 3 m im Bereich der
Vorder- und Hinterextremitäten besondere Vorsicht geboten. Dort liegende
oder arbeitende ( NA, NFS) Personen müssen mit Strohballen, Polstern,
Matten oder Kleidungsstücken geschützt werden.
Liegt eine verletzte Person unter einem Pferd, so ist zu ihrem
Schutz zuerst für die Sicherung des Pferdes durch Niederhalten des Kopfes
in gestreckter Kopf-Hals-Haltungzu sorgen, dann erst kann der Verletzte
versorgt werden, wobei auf den Bewegungsradius der Extremitäten des
Pferdes zu achten ist ( siehe oben!)
Ist bei einem liegenden Pferd der Bewusstseinszustand unklar, sollte
vor der Bergung / Erstversorgung verletzter Personen unter dem Pferde eine
Narkose des Pferdes eingeleitet werden.
Bergung von Pferden, die eingeklemmt sind oder am Boden liegen, sollte
bei Fliessverkehr unterbleiben; totale Straßensperre ist die
einzige Vorbeugung vor Sekundärunfällen durch plötzlich aufspringende
Pferde.
Entfernen Sie nie einzelne Pferde aus einer Pferdegruppe.
Bei Unfällen von Reitergruppen sollen die Pferde einzeln und sicher
(am besten durch Personen) verwahrt werden. Einander fremde Pferde
können in der Gruppe zur Sekundärgefahr werden.
Zum großräumigen Sichern einer Pferdegruppe sind Seile,
Absperrbänder und natürliche Hindernisse ( Hecken, Zäune, Bäche) geeignet.
Schockierte Pferde reagieren irrational und sind gefährlich.
Es dürfen nur einzeln gesicherte Pferde ( zur Beruhigung) gefüttert
werden, in der Gruppe ist dies gefährlich.
Warnhinweis: Strohkranz bei der Boxentüre > das Pferd beißt !
Warnhinweis: rotes Band im Schweif > das Pferd schlägt !
Beim Bergen von Pferden nach oben aus Gruben, Kanälen
oder anderen engen Örtlichkeiten sind Sedierung des Pferdes, Anlegen eines
Bergenetzes und Bergung mit Kran unerlässlich. Frontlader sind auf Grund
des Hebewinkels ungeeignet.
Bedenken Sie bei der Rettung eines Pferdes den Schutz vor schweren
Bergeverletzungen vor allem am Kopf und den Beinen.
Verunglücken Pferde in umgestürzten Anhängern oder LKWs, sollte
auf ein Ausladen vor dem Aufstellen des Fahrzeuges möglichst verzichtet
werden. Der Plastikaufbau von Anhängern ist direkten Belastungen nicht
gewachsen.
Vor dem Entladen der Pferde nach Hänger- /LKW- Unfällen muss das
Notfallmanagement bedacht werden: Tierarzt, Pferdesanitäter,
Absicherung vor Flucht, Verwahrungs- und Transportmöglichkeit usw.
Jedes verunglückte Pferd benötigt – unabhängig von sichtbaren
Verletzungen - in der Regel eine Schockvorbeugung – bzw. Versorgung.
Vor, während und unmittelbar nach einer Bergung sollte den Pferd
weder Futter noch Wasser angeboten werden.
Vermeiden Sie eine Unterkühlung eines verunglückten Pferdes.
Schwere Verletzung oder Tod eines Pferdes bewirkt beim Besitzer und
anwesenden Pferdeleuten eine akute psychotraumatische
Stressreaktion: das Österreichische Rote Kreuz kann hier an der
Unfallstelle mit dem
Kriseninterventionsteam ( KIT) > RLS helfen!
Stand 25.1.2004 Dr.R.K.
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