Gehorsamsübungen
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Inhalt
Die Elite zeigt wie es geht
Sicher haben Sie schon öfter gesehen wie Reiter Ihre Pferde wenden bzw.
durch eine Kurve bringen. Bei den Dressurreitern im Fernsehen sieht man kaum
eine Einwirkung. Das Pferd biegt sich genau auf der zu laufenden Linie und
hat im Hals genau dieselbe Biegung wie in der Rumpfwirbelsäule.
Bei den Springreitern wird man mit fast halsbrecherischen Wendungen
konfrontiert in denen das Pferd geradeaus, ja manchmal sogar ein kleines
bisschen nach außen schaut.
Aber sicher kennen Sie auch folgendes Bild, vielleicht
sogar aus eigener Erfahrung:
Der Reiter will nach links und beginnt vehement am linken Zügel zu
ziehen. Mit der rechten Hand geht er Richtung Pferdemaul nach vorne.
Eigentlich kann man sagen er versucht das Pferd wie ein Fahrrad zu wenden.
Der Körper verdreht sich nach links und die rechte Schulter des Reiters ist
viel weiter vorne wie die Linke.
Und was macht das Pferd? Der Kopf befindet sich schon Richtung linke
Schulter. Aber das Pferd geht geradeaus oder weicht deutlich nach rechts
aus!
In der Reitersprache heißt das "Das Pferd bricht über die Schulter weg".
Was ist nun passiert?
Wir haben nur den Hals des Pferdes nach links genommen, aber "dem Rumpf
und den Beinen nicht gesagt in welche Richtung wir wollen".
Als erstes dürfen wir unser Pferd nicht wie ein Fahrrad wenden, indem wir am
inneren Zügel ziehen. Damit wird nur der Hals herumgezogen. Das Pferd folgt
aber dem Verlauf der Körperwirbelsäule. Und die zeigt weiter gerade aus.
Dann werden wir noch mit einem anatomischen Problem konfrontiert, das wir
auch später an uns selbst nachvollziehen können:
Ein angenommener, ziehender rechter Zügel blockiert das rechte Hinterbein
beim Vortreten. Ein angenommener linker Zügel das linke Hinterbein.
Um aber um eine Kurve (hier Linkskurve) zu kommen, muss das innere
Hinterbein deutlich nach vorne und unter den Körperschwerpunkt fußen.
Mit einem ziehenden linken Zügel kann also eine Linkswendung nie gelingen.
Das Pferd kann sich nicht ausbalancieren, da der innere Hinterfuß blockiert
ist und sucht sich einen Weg in eine Richtung in die es möglich ist
weiterzulaufen. Das ist dann geradeaus oder rechts.
Ich lade Sie nun ein, das an sich selbst auszuprobieren:
Bedenken sie dazu folgendes: Wir gehen nur auf zwei Beinen. Wenn wir schon
Probleme mit einer Wendung haben, wenn unser Kopf zu weit in die zu gehende
Richtung schaut, was hat erst ein Vierbeiner für Probleme!
Nun stellen Sie sich mal gerade hin und nehmen den Kopf ganz weit nach
links, dann drücken Sie noch das Kinn Richtung Schulter herunter. Dies
entspricht in etwa der Kopfstellung eines Pferdes an dessen inneren Zügel
man zieht. Nun laufen sie los. Behalten den Kopf in dieser Position und
versuchen im Schritt oder im Laufen eine Linkswendung zu gehen.
Wohin möchte ihr Körper?
Was fällt ihm leichter?
Nach links gehen oder nach rechts?
Sicher werden Sie spätestens dann feststellen, wenn Sie die Wendung im
Joggingtrab laufen, dass Sie viel leichter nach rechts laufen könnten indem
sie seitwärts nach rechts außen gehen.
Also muss eine Wendung anders geritten werden.
Nicht am Zügel!
Die richtigen Hilfen für die Wendung
Die Reitlehre sagt dazu:
Nur aus einem korrekten Sitz kann eine korrekte Hilfengebung
erfolgen!
Der Sitz und die Hilfengebung (es folgt ein gesonderter Artikel dazu)
sind unsere Sprache. Mit dieser verdeutlichen wir dem Pferd, was wir von ihm
wollen. Wenn wir auch nur 1-2 Komponenten weglassen, ist der Satz
unvollständig.
Beispiel:
Ich will jemanden sagen. "Wir (1) treffen (2) uns morgen (3) um 12 Uhr
(4) an der Bushaltestelle (5) um nach Nürnberg zu fahren (6)". Dieser Satz
enthält 6 Komponenten.
Auch der Sitz enthält 6 Komponenten:
Jeweils rechte und linke Zügelhilfe, Schenkelhilfe, Kreuzhilfe.
So und nun lassen Sie Nr. 3, 4, 6 weg. Dann heißt der Satz: "Wir treffen an
der Bushaltestelle".
Was können Sie damit noch anfangen? Sie wissen nicht wann und warum! Wenn
Sie also Teile der Zügel, Schenkel und Kreuzhilfen einfach weglassen,
versteht das Pferd sie auch nicht!
MERKE: Für jede Lektion, die ich reiten will benötige ich
-
Kreuzhilfe (wichtigste)
-
Schenkelhilfe
-
Zügelhilfe
Das heißt ich muss 2 Bedingungen erfüllen:
Die korrekte Hilfengebung für eine Wendung heißt:
-
Inneres Bein bleibt vorwärts treibend am Gurt
-
Äußeres Bein wird AUS DER HÜFTE zurückgenommen. Das
Rückwärtsnehmen geschieht also nicht aus dem Knie sondern aus dem
Hüftgelenk
-
Deshalb Sitze ich auf dem Inneren Gesäßknochen
-
Der innere Zügel wird 1-3 cm nachgefasst, ist aber
tendenziell nachgebend.
-
Der äußere Zügel BLEIBT ANSTEHEND
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Zuerst am stehenden Pferd ausprobieren
Ich lade Sie nun wieder ein, genau diese Sitzhaltung auf
ihrem stehenden Pferd einzunehmen.
Jetzt achten Sie genau was sich
a) bei Ihnen verändert:
Wie sitzen Sie?
Auf welcher Seite sitzen Sie?
Wie ist genau die Gewichtsverteilung?
b) was sich bei ihrem Pferd verändert:
Auf welche Seite biegt sich der Körper des Pferdes?
Wie stellt sich das Pferd. Stellung findet im 1. Halswirbel des Genicks
statt, nicht im gesamten Hals!
Wenn Sie sich korrekt nach links gesetzt haben, werden Sie feststellen, dass
ihr Pferd angefangen hat sich im Körper nach links zu biegen und evt. auch
schon angefangen hat sich nach links zu stellen.
Das ist die Grundvoraussetzung um eine Wendung zu reiten: Die
Körperbiegung.
Jetzt fragen Sie sich sicher warum biegt sich das Pferd, wenn ich so sitze?
Sie können auch hier sich selbst wieder als Beispiel
nehmen:
Stellen Sie sich gerade hin. Nun drücken Sie mit den
Fingerknöcheln ca. 1 Handbreit links von der Wirbelsäule auf die Muskulatur
Richtung Rippen (Bild folgt noch). Ihr Körper biegt sich nach links.
Durch das Belasten des linken Gesäßknochens (Durch das aus der Hüfte
zurückgenommene rechte Bein kommt man nach links zu sitzen) erhält das Pferd
mehr Gewicht links der Wirbelsäule und biegt sich nach links.
Durch den am Gurt treibenden linken Schenkel biegt es sich
um diesen Schenkel herum. Außerdem bleibt es in der Vorwärtsbewegung. Durch
den rechten zurückgenommenen Schenkel (verwahrender Schenkel in der
Fachsprache. Dieser übt auch Druck am Pferdekörper mit der Wade aus)
verhindern wir, dass die Hinterbeine des Pferdes nach rechts ausweichen und
vollenden damit die Körperbiegung.
Verwahrender Schenkel, so wie ich ihn in allen
Wendungen brauche Das äußere Bein wird 1-2 Handbreit aus der Hüfte
zurückgenommen. Dadurch sitze ich auf dem inneren Gesäßknochen. Durch
den Druck des inneren Gesäßknochens neben der Wirbelsäule des Pferdes
biegt sich dieses. Der innere Schenkel schiebt das Pferd dabei treibend
nach außen und der zurückgenommene Äußere verhindert ein Wegdriften des
Pferdes und der Hinterhand nach außen. So kann ich mein Pferd auf
gebogenen Linien halten. Hinzu kommt noch der begrenzende äußere Zügel.
Stellen Sie sich vor Sie halten einen Karton zwischen Ihren Händen. Wenn
Sie damit nach links wollen, schieben Sie ihn mit der rechten Hand nach
links. Genauso funktioniert das beim Pferd mit den Beinen. |
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Ebenfalls verwahrender Schenkel |
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Treibender Schenkel |
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Vorwärtstreibender
Schenkel Senkrechte Schulter, Hüfte und Absatz |
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Der Äußere Zügel steht an. Wir reiten also die Wendung, als
ob wir einen Zaun um unser Pferd herum aufbauen. Und zwar errichten wir
diesen gedanklich immer 2 m vor unserem Pferd, so dass es an diesem entlang
gehen kann. Der innere Zügel ist ca. 1-3 cm kürzer zu fassen. An diesem darf
aber auf keinen Fall ein Zug der länger als eine Sekunde dauert kommen. Mit
dem inneren Zügel geben sie jeweils nur für ca. 1 Sekunde die Richtung
(Stellung im Genick) und geben dann wieder in Richtung Pferdemaul nach. Erst
wenn das Pferd die Innenstellung aufgibt, wird durch ein ganz leichtes
Annehmen wieder die Innenstellung hergestellt.
Tatsächlich läuft ihr Pferd nun wie an einem Zaun am äußeren Zügel und
äußeren Schenkel die Wendung.
Man erkennt deutlich den durchhängenden inneren
Zügel zur Verdeutlichung, dass dieser in einer Wendung eigentlich nicht
gebraucht wird.
Hier ein Beispiel, wo es
bei Pferd und Reiter schon sehr gut klappt:
Pferd mit
Innenstellung und Anlehnung an den äußeren Zügel.
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Je öfter Sie eine Wendung mit korrektem Sitz und
korrekter Hilfengebung üben, um so schneller und leichter wird ihr Pferd
reagieren. Schließlich wird es selbst auf eine minimale Sitzverlagerung
reagieren. Schauen Sie sich die Internationalen Dressurreiter live oder im
Fernsehen an. Bei Wendungen werden Sie kaum noch eine Hilfe als solche
erkennen können. Sie mögen sagen ... "Die sind ja auch viel besser als ich".
Das stimmt insofern, dass die Passagen, Piaffen und fliegende Galoppwechsel
reiten. Aber jeder Durchschnittsreiter ist genauso wie der
Spitzenreiter in der Lage Wendungen ohne großen Aufwand zu reiten,
wenn er sich um richtigen Sitz und Hilfengebung bemüht.
Wenn Sie sich unsicher sind. Suchen Sie sich einen Trainer, der genau Sitz
und Hilfengebung - also Grundlagenarbeit - mit Ihnen übt. Er zeigt Ihnen den
Weg wie Sie praktisch über fast reines "Wendung denken" auch eine Wendung
reiten können.
Erst wenn Hilfen richtig gegeben und richtig vom Pferd verstanden
werden , werden Sie feststellen wie viel Spaß Reiten machen kann.
:-) Viel Erfolg dabei!
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