Inhalt
Wir Menschen sind ungelenk und steif, wenn wir uns wenig
bewegen.
Mit Sport wie Gymnastik, Stretching und Geräteturnen werden wir geschmeidig
und ausdauernd.
Wie sieht das bei Pferden aus?
Zusätzlich zu ihrem hohen Eigengewicht von immerhin 500-700
kg müssen unsere Pferde noch das Gewicht des Sattels und des Reiters tragen,
was bei etwas korpulenteren Reitern durchaus bis zu 100 zusätzliche Kilos
ausmachen kann. Damit die Pferde diese Zusatzbelastung auf die Dauer ohne
Schaden überstehen können, brauchen sie eine gut trainierte Bauch- , Rücken-
und Halsmuskulatur, sowie ein gut funktionierendes elastisches Nackenband.
Dies erreichen wir auch beim Pferd mit Gymnastik, Stretching und
"Geräteturnen", womit die Arbeit mit Cavalettis gemeint ist.
Noch nicht überzeugt? Dann betrachten Sie folgende
Beispiele:
Suchen Sie sich einen freien Platz in Ihrem Zimmer.
Versuchen Sie nun in den Spagat zu gehen.
Wie? Sie schaffen das nicht?
Na ja dann versuchen Sie halt mal das:
Packen Sie einen Rucksack, den Sie mit 35 kg Steinen
beladen, schultern Sie ihn und marschieren Sie zwei Stunden fröhlich
bergauf und bergab über
Stock und Stein.
Sicher werfen Sie schon nach wenigen Minuten den Rucksack fluchend zur
Seite.
Aber von den Pferden verlangen viele Reiter ohne
entsprechendes vorbereitendes Training solche körperlichen Strapazen. Nur
durch Training kann aber die dafür notwendige Muskulatur aufgebaut und
dehnungsfähig gemacht werden, um solche Belastungen problemlos zu
überstehen.
Eigentlich ist es logisch, dass für den Spagat die Muskeln ausreichend dehnbar sein
müssen. Diese Fähigkeit erreicht man aber nur durch lange gymnastische Übungen.
Wenn man dagegen über längere Strecken große Lasten tragen will, muss man zuvor kontinuierlich
Ausdauer und Muskeln trainieren. Auch beim Pferd
ist das nicht anders.
Spezielle Anatomie des Pferdes und Folgerungen daraus
für die Dressur
Betrachten wir doch unser Pferd einmal:
Wir Reiter möchten natürlich, dass unser Pferd uns ohne
Schaden zu nehmen tragen kann, und auch selbst Freude dabei hat, wenn es mit
uns auf seinem Rücken unterwegs ist.
So möchte der Freizeitreiter, dass sein Pferd auch mal einen 3-5 Stunden
Ausritt durchhält.
Auf der anderen Seite möchte der Springreiter einen Parcours oder auch
einfach einmal höhere Hindernisse überwinden. Der Dressurreiter möchte
wiederum, dass sein Pferd sich erhaben, kadenziert und geschmeidig in
allen Lektionen präsentiert. Schließlich der Westernreiter möchte vielleicht
mal an einem "Cutting" Wettbewerb teilnehmen.
Jeder hat andere Ziele oder Intentionen. Der Weg dahin und, dass unser Pferd
diesen Weg unbeschadet übersteht, liegt in einer ordentlichen Dressurarbeit.
Wir können es auch Gymnastizierung nennen, denn nichts anderes ist Dressur.
Das Pferdes soll mit lockerer positiv angespannter Muskulatur, aufgewölbtem,
geschmeidig mitschwingendem Rücken und tätigem, also nach vorne unter
Schwerpunkt durch schwingenden Hinterbein gearbeitet werden, damit sich
Bauchmuskulatur, Rückenmuskulatur dehnen und aufbauen können. Denn Rücken
und (!) Bauchmuskulatur müssen die Wirbelsäule stabil halten. Die
eigentliche Tragkraft, auch für das Reitergewicht, übernimmt dann das
Nackenband. Das natürlich immer in Verbindung mit Muskulatur im Hals, Rücken
und Bauch.
Es ist mittlerweile erwiesen, dass wir unserem Pferd die Gesundheit am
besten erhalten können, wenn wir dafür sorgen, dass es mit runder Oberlinie
und schwingender Muskulatur geritten wird. Mit der runden Oberlinie meine
ich, dass der Rücken sich aufwölbt, da die Hinterbeine zum Schwerpunkt
fußen. Der Hals wölbt sich, wobei das Genick auf das Gebiss nach unten
drückt , da auch der Rücken aufgewölbt ist.
Eine lockere, gedehnte und gut aufgebaute Muskulatur kann einfach
geschmeidig reagieren.
Man stelle sich im positiven Fall den optimal gedehnten Muskel wie ein
Gummiband vor, das sich geschmeidig dehnt und zusammenzieht. Ein verkürzter
und weder gedehnter noch trainierter Muskel verhält sich dagegen wie ein Strick der gespannt ist, nicht nachgibt und bei starkem
Zug feine Risse bekommt und im schlimmsten Fall sogar reißt.
Um also unserem Pferd ein lockeres Mitschwingen in der Muskulatur zu
ermöglichen, müssen wir es trainieren.
Die drei Säulen des Trainings sind dabei:
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Ablauf einer typischen Dressurstunde
Der Schritt am Anfang
Man beginnt die Dressurstunde mit mindestens 15 Minuten
Schrittreiten.
Dabei wird durch
stetigen Handwechsel und die damit verbundene Rechtsbiegung und Linksbiegung
und Stellung (Biegung im Körper, dabei Stellung nur im Genick) einmal die
Muskulatur jeweils auf der rechten und linken Seite gedehnt und wieder
zusammengezogen. Das dehnt sie, baut sie durch den Wechsel von Dehnen und
Zusammenziehen aber auch auf.
Lösungsphase - Das Pferd wird gelockert und gelöst
Dasselbe passiert in der Phase des Leichttrabens. Durch das
Vorwärtsreiten im Trab werden durch die
weiter ausholenden Bewegungen die Dehnung und der Aufbau der Muskulatur noch
mehr
gefördert.
Beachten Sie dabei, dass Sie Ihr Pferd genügend vorwärts reiten. Dies hat
man schon vor Jahrhunderten richtig erkannt und so wurde ein bis heute gültiger Satz
geprägt:
"Richte Dein Pferd gerade und reite es vorwärts!"
Außerdem ist es wichtig, dass das Pferd immer "über den Rücken geht" und
in der Lösungsphase mit Hals
und Nase erst einmal vorwärts / abwärts geht. Dabei müssen Sie spüren wie das Pferd
Sie im Rücken mit hochhebt!
Ist die Muskulatur dann locker und gelöst bietet sich folgendes Bild:
-
Locker nach vorne Richtung Schwerpunkt durch schwingendes Hinterbein
-
Pendelnder Schweif
-
Aufgewölbter Rücken
-
Deutliche Rechts- / Linksbewegung der Kruppenteile, wobei
sich die rechte Kruppenhälfte und dann die linke Hälfte senkt
-
Aufgewölbter Hals, wobei sich der Oberhalsmuskel vom Genick
bis zum Widerrist deutlich am oberen Teil des Halses hervorhebt
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Die Arbeitsphase
In der Arbeitsphase können Sie dann mit dem Aufbau der Muskulatur und dem
"Stretchingprogramm" fort fahren.
Dazu gehören dann u.a.:
-
Trab, Halten, Rückwärtsrichten und daraus wieder Antraben
-
Galopp/Trab
oder Galopp/Schrittübergänge
-
Traben /Galoppieren über Cavaletti
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Natürlich hängt der Umfang und die Art der Übungen gerade in
der Arbeitsphase vom Trainingsstand von Pferd und Reiter sehr stark ab. Je
nach Rittigkeit und Durchlässigkeit und dem bisher
erworbenen Muskelaufbau und Muskulaturdehnung sind mehr oder weniger
anspruchsvolle Übungen möglich. Später werden wir auf diese Themen
detaillierter eingehen. Hier sollte zuerst einmal nur auf die
Grundprinzipien verwiesen werden.
Folgerungen und Fazit
Wer diese Übungen mit seinem Pferd mindestens 3 mal pro
Woche macht, wird bald bemerken wie sich die Muskeln seines Pferdes aufbauen
und dehnen. Ihr Pferd und damit auch sie als Reiter werden dann bald immer
schwierigere und anspruchvollere Übungen absolvieren können. So werden Sie
sicher auch den einen oder anderen bewundernden oder gar neidischen Blick
Ihrer Reiterkollegen ernten.
Wichtiger als diese Blicke ist aber, dass sie Ihr Pferd lange gesund
erhalten und ihm so als dankbaren und willigen Kameraden ein gutes
beschwerdearmes Leben gönnen.
Gleichzeitig werden auch Sie selbst immer mehr Freude am Reiten gewinnen und
falls sie auf Turniere gehen werden sich auch da bald Erfolge einstellen.
:-) Aber wie so oft heißt es: "Ohne Trainingsfleiß kein Preis!"
Nach anstrengender Dressurarbeit: lockere Muskulatur
und zufriedene Gesichter bei Pferd und Reiter. So soll am Ende einer
Reitstunde die Verfassung bei Mensch und Tier sein. |
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